tag.werk x heiter magazine - die Kooperation
Nachhaltigkeit, eine Vorliebe für cooles Design und die enge Verbindung zum österreichischen Graz - das sind drei Dinge, die tag.werk und heiter magazine gemeinsam haben. Weiters kommt hinzu, dass uns Qualität wichtig ist und wir mit unserer Arbeit die Welt ein wenig besser (heiterer) machen wollen. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir mussten einfach eine gemeinsame Kooperation auf die Beine stellen.
Für die, die es vielleicht noch nicht wissen: tag.werk ist ein Beschäftigungsprojekt für Jugendliche, das Ende der 90er-Jahre von der Wohltätigkeitsorganisation Caritas ins Leben gerufen wurde. Bekannt ist das Projekt vor allem durch seine unverkennbaren Taschen und Rucksäcke, die in erster Linie aus recyceltem Material hergestellt sind. Das gilt auch für den heiter Rucksack (das Resultat der tag.werk x heiter magazine Kooperation). Er besteht aus Restbeständen von LKW-Planen. Mehr zum Rucksack, aber vor allem auch zum Projekt, gibt es im unten stehenden Interview mit Michael Eisner, dem Head Designer von tag.werk.
Bitte stell dich vor und erzähle uns, was du machst.
Mein Name ist Michael Eisner. Ich wurde 1972 in Graz geboren und bin für das Design, die Produktentwicklung sowie die Arbeitsanleitung im tag.werk zuständig. Studiert habe ich eigentlich Kunstgeschichte. Neben meinem Studium arbeitete ich in verschiedenen Kultureinrichtungen, produzierte bereits früh Taschen u.a. für das Kunsthaus Graz. Danach gründete ich mein Männermodenlabel „MICHAEL männerg’wand“ und vor bald 15 Jahren fand ich durch einen göttlichen (Caritas!) Zufall den Weg ins tag.werk. Das Beste, das mir in meiner beruflichen Laufbahn passieren konnte!
Was hat dich dazu gebracht, Designer zu werden?
Der unabdingbare Drang und die kindliche Freude, meine Umwelt zu gestalten.
Seit wann gibt es tag.werk? Was waren die Beweggründe für die Entstehung?
Der Beweggrund hatte (oder hat) mit den Jugendlichen selbst zu tun: Jugendliche sind von Arbeitslosigkeit aufgrund fehlender Vorerfahrung immer besonders stark betroffen. Verschärft wird diese Situation, wenn auch soziale Unterstützungssysteme fehlen. Diese Beobachtung war auch in der Jugendnotschlafstelle Schlupfhaus der Caritas Anlass, über ein geeignetes Beschäftigungsangebot für Jugendliche nachzudenken. Für die Jugendlichen, die tagsüber keiner geregelten Arbeit nachgehen und den Einstieg in den Arbeitsmarkt aufgrund fehlender Qualifikationen, Mangel an Berufserfahrung und eines brüchigen sozialen Umfeldes nicht schaffen, war selbst die Einstiegsschwelle bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu hoch. So entstand die Idee, mit einem niederschwelligen Beschäftigungsprojekt den Jugendlichen den Zugang zur Beschäftigung zu erleichtern.
tag.werk gibt es eigentlich schon seit 1999. Es hat als Pilotprojekt im Rahmen der Jugendnotschlafstelle Schlupfhaus gestartet. Die Pilotphase zeigte, dass die stundenweise Beschäftigung für diese Jugendlichen ein guter, niederschwelliger Einstieg in die Arbeit ist, aber auch, dass die Jugendlichen eine hohe Arbeitsmotivation mitbringen und die geforderte Leistung auch erbringen können.
Mit seinem Angebot hat das tag.werk eine Lücke am Arbeitsmarkt geschlossen. Gleichzeitig war es im Bereich der Maßnahmen für sogenannte arbeitsmarktferne Personen auch für andere Projekte beispielgebend. Nach seinem Vorbild entstanden nicht nur das Projekt Integration für Arbeit, das Projekt Offline, sondern auch eine Vielzahl an weiteren Beschäftigungsbetrieben in der Steiermark mit dem Ansatz der stunden- und fallweisen Beschäftigung.
Seit über 21 Jahren unterstützt das tag.werk jetzt Jugendliche im Alter von 15 bis 25 dabei, ihren Lebensträumen wieder näher zu kommen. In einer familiären Atmosphäre werden Stärken wiederentdeckt und Zukunftswünsche bekommen eine realistische Perspektive. Das Angebot des Jugendbeschäftigungsprojektes ist niederschwellig, flexibel und bedürfnisgerecht. Vermittelt werden Basisqualifikationen wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Verantwortung, Durchhaltevermögen und dass Arbeit auch Spaß machen kann. Werte wie Gemeinschaft, Umgang mit Ressourcen und Upcycling werden gelebt.
tag.werk unterstützt die Jugendlichen zudem in schwierigen Lebenssituationen und hilft mit, sie (wieder) in den Arbeitsprozess zu integrieren und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Im Rahmen der sozialpädagogischen Begleitmaßnahmen werden Orientierungs- und Perspektivenarbeit geleistet. Darüber hinaus gibt es Hilfestellung bei der Job- und Lehrstellensuche und in Zusammenarbeit mit dem Jugendcoach, werden Zukunftswege geplant.
Was hat sich seit der Gründung damals verändert?
Das tag.werk ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Es bietet nun weitere Werkstätten an, um verschiedene Beschäftigungsangebote den Jugendlichen anzubieten, die da wären:
Eine 2. Nähwerkstatt, die höherschwellig ist und Großaufträge für Firmen macht (als Weiterführung von der niederschwelligen Designwerkstatt).
Die Material & Upcycling Werkstatt, in der versucht wird aus allem, das seinen Weg ins tag.werk findet, etwas Neues zu kreieren. Dazu gehört auch die regelmäßige Auslagengestaltung, bei der ausgediente Materialien ihren neuen Zweck erhalten. Ein weiteres Standbein ist die Betreuung unseres Online Shops und die Abwicklung von externen Postversänden.
In der Werkstatt Bild, Ton & Medien dreht sich vieles um das Medium Bild. Jugendliche lernen das Siebdrucken in allen Einzelheiten kennen. Ton und Medien kommen aber auch nicht zu kurz. Ein Tag der Woche ist der Erstellung von Kurzvideos gewidmet.
Die Holzwerkstatt bietet (fast) alles, von der Hand zum Werk, von klein bis groß. Neben individuellen Aufträgen wird auch an Eigenprodukten wie Steckmöbeln oder Dekoration gearbeitet. Auch Planungen und Umsetzungen von ganzen Inneneinrichtungen werden gemeinsam mit unseren Jugendlichen durchgeführt. Die Werkstatt hat bereits drei Jugendzentren mit Einzelstücken und Maßanfertigungen ausgestattet.
green.rooftop: In Zusammenarbeit mit Joanneum Research bewirtschaften die tag.werk Jugendlichen bereits seit 2018 die Pflanztröge des Projektes Smart City Rooftop Farming am Science Tower Graz. Unter professioneller Anleitung lernen sie den Umgang mit Pflanzen und die Bewirtschaftung von Erde. Eine grüne Dachlandschaft wird dabei Handlungsfeld für junge Menschen in zukunftsweisende Wege zur Ressourcenschonung und gilt gleichzeitig als Zeichen gegen die Klimaerwärmung.
Weiters gibt es verschiedenste Stufen im Projekt – von niederschwellig bis Vorbereitung auf den 1. Arbeitsmarkt (Teilzeitbeschäftigt, tag.werk.needs etc.). Die Aktualität des Projektes hat in den gesamten 21 Jahren nie an Aktualität verloren und ist heute wichtiger denn je. Die Grundmotive sind aber von der Gründung gleich geblieben und trotz der Erweiterungen lag der Fokus immer auf den Jugendlichen! Die tag.werk Taschen & Rucksäcke gehören mittlerweile zum Stadtbild von Graz und darüber hinaus (wie Bestellungen aus der gesamten EU und auch aus Übersee zeigen).
Was macht eure Designs einzigartig?
Die Qualität des Designs, der Verarbeitung & der Funktionen. Eine stetige Erweiterung und Anpassung der Produktpalette. Und außerdem, dass sich die Jugendlichen auf unseren Taschen kreativ austoben können.
Wie lange dauert es ungefähr, um ein neues Taschenmodell zu designen und herzustellen?
Das ist sehr schwer für mich zu beantworten. Wenn wir externe Aufträge wie Großaufträge für div. Firmen bekommen, muss ich sehr schnell eine Lösung finden, die sowohl den Kunden als auch den Werkstätten und ihren Möglichkeiten gerecht werden. Geht es um Taschen für das tag.werk Sortiment, da können für ein neues Modell von der ersten Idee bis zur finalen Produktion schon gut 6 Monate vergehen: erste Schnitterstellung, Materialrecherche, Prototypen-Erstellung & Probetragen, Kostenkalkulation (Material & durchschnittliche Arbeitszeit) etc. All diese Fragen der Produktentwicklung sind dann natürlich auch von den vorgegebenen Parametern eines Beschäftigungsprojekts geprägt: welche Maschinen stehen mir zur Verfügung, welche Fähigkeiten haben die Jugendlichen.
Welches Modell ist dein Favorit und warum?
Die Ledertaschen des tag.werk: Aus recycelter Lederbekleidung werden hochwertige Rucksäcke und Taschen produziert. Hier war die Herausforderung, mit nicht planbaren Ausgangsmaterialien (wie groß ist eine Lederhose, wie viel kann ich von einer Lederjacke verwenden, wie lange dauert der Zuschnitt etc.) eine für die Kund*innen ansprechende Lösung zu finden, die aber auch das klassische tag.werk Taschensortiment nachvollziehbar ergänzten. Besonders die Produktentwicklung (sprich: Schnitterstellung & Verarbeitung) nahm ca. 7 Monate in Anspruch (parallel zur alltäglichen Arbeit in der Werkstatt).
Was ist besonders an dem „heiter Rucksack“?
Hier kombinierte ich ein klassisches tag.werk Modell mit den persönlichen Bedürfnissen einer berufstätigen Mutter. Und das ganze mit einem kleinen „Plus“, zu dem mich Katharina inspirierte, “a little twinkle in the eye”.
Wenn jemand einen personalisierten Rucksack/eine personalisierte Tasche haben möchte, wie geht man am besten vor?
Am besten einen Termin mit mir ausmachen (+43 316 90 85 31 oder m.eisner@caritas-steiermark.at) und alles weitere wird vor Ort besprochen.
Was sind drei Dinge, die dich heiter stimmen?
Die Sonne, gutes Essen und den Rest kann sich jeder denken :).
Interview: Katharina Geissler-Evans, heiter magazine
Images: tag.werk, heiter magazine
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